Den afrikanischen Markt erschließen: Brühwürfel aus dem Nestlé-Konzern verkaufen sich auch in der Elfenbeinküste. haben, weil sie Korruption und Miss- wirtschaft bändigen wollen. In der Elfenbeinküste startete der Minis- ter eine Initiative zugunsten der Kakao- produzenten. Die deutsche Süßwarenin- dustrie und auch die ivorische Regierung wollen sicherstellen, dass Schoko lade ohne Ausbeutung und Kin derarbeit pro- duziert wird. „Sonst kommen die Probleme zu uns!“ Wenige Tage später war Gerd Müller zurück in Berlin und sprach vor dem Bundesverband der Kommunalunter- nehmen. Auch dort rief er zu verstärktem Engagement für Afrika auf und beschrieb erfolgreiche Projekte: Etwa die Stadt- werke Mainz, die in ihrer Partnerstadt Kigali in Ruanda die größte Solaranlage Afrikas errichtet haben, oder diverse kommunale Abfallbetriebe, die die Müll- entsorgung in Marokko und Tunesien verbessern helfen. Minister Müller sagte: „Fest steht: Wir müssen mithelfen, Pro- bleme zu lösen, sonst kommen die Fol- gen zu uns.“ Das ist eine der Grundaus- sagen des neuen „Marshallplanes“: Wenn Deutschland sich nicht stärker für Afrika engagiert, dann werden noch mehr Men- schen als bisher zur Auswanderung nach Europa gezwungen sein. Auch der Präsi- dent des EU-Parlaments sagte bereits: Ohne Marshallplan würden demnächst 20 Millionen junge Afrikaner an Europas Türen klopfen. Diese Drohkulisse stößt auch auf Kri- tik. „Ich finde es nicht gut, dass vor al- lem von Gefahren die Rede ist, und we- niger von dem Potenzial Afrikas,“ sagt etwa der Wirtschaftsexperte Pedro Mo- razan vom ökumenischen „Südwind-Ins - titut“ in Bonn, das sich seit Jahren mit Ideen für eine gerechtere Wirtschafts- ordnung befasst. é l t s e N : o t o F Wandel durch Handel Europa entdeckt Afrika neu – nicht als Ort der Kriege und Katastrophen, sondern als „Kontinent der Chancen“. Aus dem deutschen Entwick lungs ministerium kommt der „Marshallplan mit Afrika“. Er soll Armut beenden und Wachstum schaffen. Was ist da genau geplant? Und was halten afrikanische Experten selbst davon? DER TON WAR FREUNDLICH und diplomatisch, aber in der Sache blieb sie hart. Sie glaube nicht, sagte die deutsche Bundeskanzlerin Angela Mer- kel, dass es einfach ausreicht, wenn man sagt: „Ich mache jetzt mal einen Mar- shallplan.“ Die Kanzlerin stand neben Mahamadou Issoufou, dem Präsidenten des Niger. Gerade hatte Merkel ihn in seinem riesigen Wüstenstaat besucht. Man sprach über Wirtschaftsbeziehun- gen und darüber, was denn der Niger tun könne, damit weniger junge Men- schen die gefährliche Schleuserroute durch die Sahara nach Europa nehmen müssen. Nun sprach also Präsident Issoufou zur Presse und sagte: „Wir brauchen ei- nen Marshallplan!“ Er forderte mehr und bessere Finanzhilfen für sein Land. Nur dann sei der Niger in der Lage, die jungen Menschen von Flucht und Aus- wanderung abzuhalten und Sicherheit in der Region zu garantieren. Doch Merkel konterte: Ein „Marshallplan“ sei ganz bestimmt nicht die richtige Antwort. Seit diesem denkwürdigen Auftritt in Niamey im Oktober 2016 sind einige Mo- nate vergangen. Und trotz der entschie- denen Haltung der Chefin aus dem Kanzleramt gibt es ihn inzwischen: Den „Marshallplan mit Afrika“. Nicht „für“ Afrika, sondern „mit“. Darauf legt das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, kurz „BMZ“, großen Wert. Entwicklungsminis- ter Gerd Müller (CSU) verantwortet den Plan, der die Beziehungen zwischen Europa und Afrika grundlegend verän- dern soll (siehe Kasten). Und damit es nicht bei bloßen Vorschlägen bleibt, wirbt der Minister für seine Ideen. An- fang März bereiste er Burkina Faso und die Elfenbeinküste, zwei Länder in West- afrika, die zukünftig als „Reformchampi- ons“ gelten und bevorzugt behandelt werden sollen. Weil sie sich auf Demo- kratie und Menschenrechte verpflichtet 22 | missio 3/2017