WIEDERSEHEN BEI PREDA AUF DEN PHILIPPINEN „Wir holen sie raus!“ In Ausgabe 3/2011 begleitete das missio magazin den damals 17-jährigen Ricardo. In einem Slum in Manila aufgewachsen, war der Junge wegen Diebstahls in einem der berüchtigten philippinischen Gefängnisse gelandet. Die Sozialarbeiter der Kinderschutzorganisation PREDA bekamen ihn frei. Damals stand er kurz vor davor, in ein selbstbestimmtes Leben zu starten. DIE ZEITEN LASSEN KEINEN RAUM für Sentimenta- lität. Es sind harte Zeiten, wie PREDA-Gründer Pater Shay Cullen beklagt. Vor mehr als 40 Jahren begann der irische Or- densmann in Olongapo City, nordwestlich der Hauptstadt Ma- nila, seinen Kampf gegen Ausbeutung, Zwangsprostitution, Kinderhandel und Sextourismus – und eine Verbesserung der Bedingungen für Kinder und Jugendliche auf den Philippinen ist nicht in Sicht. Was wurde aus Ricardo? Hat seine Geschichte ein Happy End? Pater Shay lächelt. Der 73-Jährige hat gerade gemeinsam mit den Mädchen und Jungen im neuen Anbau des Mädchen- wohnheims die Sonntagsmesse gefeiert. „Wir freuen uns, wenn die Kinder mit uns Kontakt halten wollen. Manche mel- den sich lose über facebook. Meist sind es die Mädchen, die berichten, wie es ihnen nach der Schule oder Ausbildung geht, was sie arbeiten.“ Es gibt aber auch Jugendliche, die wieder in ihren alten Milieus landen. Cullen weiß das. Über Jahrzehnte hat er Tausende Mädchen und Jungen ein kleines Stück auf ih- rem oftmals schwierigen Le- bensweg begleitet. Ein hof- fentlich prägendes Stück, wie er sagt. Was aus Ricardo wurde, weiß er nicht. Er hat ihn ziehen lassen. Gerade noch rechtzeitig Dafür kommen neue Kinder. Jedes Jahr finden rund 100 Mädchen und Jungen Zu- flucht in den beiden PREDA-Zentren. Und die Herausforde- rungen für das Team nehmen zu. Die Cybersex-Industrie boomt, ist weit verzweigt und undurchsichtig organisiert. Be- troffene Kinder werden immer jünger. Sie brauchen besonde- ren Schutz und Zuwendung. Zudem steht der pazifische In- selstaat kurz vor der Wiedereinführung der Todesstrafe. Prä- sident Rodrigo Duterte plant außerdem, die Strafmündigkeit von 15 auf neun Jahre herabzusetzen. Für Cullen ein Menete- kel: „Um die Menschenrechte in diesem Land ist es schlimm bestellt“, klagt er. „Wir wollen nicht noch mehr Kinder in Ge- fängnissen sehen, weil Erwachsene sie ausbeuten oder als Drogenkuriere benutzen. Diese Kinder haben nichts. Sie stehlen Essen, um zu überleben. Das ist ihre Situation in dieser Welt. Und es beschämt mich zutiefst.“ Cullen nennt die Philippinen eine Scheindemokratie. Die Ab- geordneten scherten sich nicht um Kinder, kritisiert er. „Aber wir kämpfen weiter und holen sie aus diesen furchtbaren Um- ständen raus. So viele wie wir nur können!“ Bei diesem Kampf legt PREDA einen Schwerpunkt auf die Prä- ventionsarbeit an Schulen. Sozi- alarbeiter machen sich als An- sprechpartner und Vertrauens- personen bekannt, thematisieren Formen des Missbrauchs, entta- buisieren. „Nur wenn wir Verhal- tensweisen ändern, können wir das System ändern“, ist sich Cul- len sicher. A KRISTINA BALBACH Pater Shay Cullen und PREDA erhalten den Shalom preis 2017 des Arbeitskreises für Gerech - tig keit und Frieden an der katholischen Uni versität Eichstätt-Ingolstadt. Die Verleihung findet am 6. Mai statt. h c a b l a B a n i t s i r K : s o t o F 50 | missio 3/2017