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mm_ebooks_05_2017

VOR ORT BURKINA FASO Viele Mädchen bekommen Nachwuchs, obwohl sie selbst noch gar nicht erwachsen sind. Wenn sie von der Familie verstoßen werden, sind sie auf sich allein gestellt. Sache“, sagt Schwester Yvonne. „Aber die Wirklichkeit sieht oft anders aus.“ Nun also, warum ist Lydia S. gekommen? „Man hat mir weh getan“, sagt sie mit lei- ser Stimme. Geduldig hört die Schwester ihr zu, stellt nur ganz behutsam Fragen. Ihre Eltern haben sie zu einem Onkel in Obhut gegeben. Sie fanden, dass sie nicht mehr für ihr Kind sorgen konnten und rechneten damit, dass Lydia es dort besser haben würde. Vor allem aber gab ihnen der Onkel etwas Geld, das sie dringend brauchen konnten. Dafür sollte das Mädchen im Haus- halt der verwandten Familie helfen - ko- chen, waschen, putzen, und auf die klei- neren Kinder aufpassen. Wobei „klein“ in diesem Falle seltsam klingt. Denn Lydia ist selbst kaum elf oder zwölf Jahre alt. Ein Alter, in dem für junge Mädchen in vielen Regionen Westafrikas die Prob - leme erst anfangen. Sie gelten als „hei- ratsfähig“, werden als Braut an wesent- lich ältere Männer versprochen. Auch solche Geschichten kennt Schwester Yvonne nur allzu gut. In ihrem Zentrum leben mehrere Mädchen, die einfach von zu Hause fortgelaufen sind, weil sie sich vor der arrangierten Ehe fürchteten. Sie wollten keinen Mann, der ihr Großvater sein könnte. 18 | missio 5/2017 „Wer war es, der dir weh getan hat?“ Lydia S. sagt, es sei ihr Cousin gewesen, selbst erst 14 Jahre alt. Jetzt ermittelt die Polizei. „Aber wenn der Täter auch noch minderjährig ist“, sagt Schwester Yvonne „müssen wir abwarten, ob sie etwas un- ternehmen können.“ Sie merkt, dass das Mädchen nicht mehr weitererzählen möchte. Besser, Lydia geht erst einmal in den Schlafraum, wo sie ein eigenes Bett be- kommen wird, ein Stofftier, Schulhefte. Wie in einem Kinderzimmer eben. „Wir versuchen, dass wir den Mädchen erst einmal Zuwendung geben. Sie sollen wissen: Bei uns seid ihr in Sicherheit. Wir helfen euch.“ Erst allmählich kann man dann sehen, welche Hilfe konkret nötig ist. Kann Ly- dia S. lesen und schreiben? Wenn nicht, werden die Schwestern versuchen, es ihr beizubringen. Vielleicht kann sie dann einmal in die normale Schule gehen. Aber viele tun sich schwer, das aufzuho- len, was sie verpasst haben. Es lohnt sich, um jedes Leben zu kämpfen Vielleicht kommt auch eine Berufsaus- bildung infrage. So wie sie Emilie P. ge- rade macht. Gleich nebenan betreiben die Schwestern ein eigenes Restaurant mit Namen „Le Yélemani“. Am kommen- den Samstag hat sich eine Hochzeitsge- sellschaft angesagt. Das Brautpaar will mit 100 Gästen feiern – eine Familie aus der Mittelschicht, die es auch in Burkina Faso gibt. Dort heiratet man, wenn man möchte, und nicht weil man dazu ge- zwungen wurde. Für dieses Fest also laufen schon die Vorbereitungen. Im Lokal wird der Saal dekoriert, in der Lehrküche probieren die Auszubildenden neue Gerichte aus. Emilie P. wischt sich die Hände an ihrer Schürze ab. Dann hat sie kurz Zeit. „Ich war wirklich verzweifelt, bevor ich hier- her gekommen bin,“ sagt sie. Auch Emi- lie P. kommt von weit her: Aus dem Nachbarland Mali. Die 25-Jährige hat keine Eltern mehr, musste ihr Heimat- dorf verlassen, landete in einem Nacht- klub. Sie dachte sogar daran, sich das Leben zu nehmen. Jetzt will sie sich mit

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