Sie wollen nur ihr Recht. Wie es Nelson Mandela so wunderbar zum Ausdruck brachte vor seiner Verurteilung: „Wenn es sein muss, bin ich bereit mein Leben zu geben. Was ich will ist, dass mein Volk das gleiche Recht hat in unserem Land wie alle.“ Während das Regime darauf ab- zielte: Südafrika bleibt weiß. Wie groß war eigentlich das Risiko, sich gegen das Regime zu stellen? Auch Priester sind eingesperrt worden und viele unserer Gläubigen wurden be- seitigt, eingesperrt und gefoltert. Der Ge- neralsekretär der Bischofskonferenz ist mehrere Male inhaftiert worden, wurde auch gefoltert. Wir hatten da keine Illu- sionen. Aber wir haben Stellung bezogen. Die bekannteste Stimme der Kirche war Desmond Tutu, der anglikanische Bischof und Friedensnobelpreisträger. Er war öfters bei uns in der Bischofskon- ferenz, hat uns dankend bescheinigt, dass sie als Anglikaner sich ein Vorbild neh- men konnten an uns. Zum Beispiel, als wir die sogenannten „Weißenschulen“ öffneten und auch farbige, schwarze Kin- der in die Klassen ließen, was absolut ge- gen das Gesetz war. Tutus Gegenstück auf unserer Seite war Denis Hurley, der Erzbischof von Durban. Er ist weniger bekannt geworden als Tutu. Aber Hurley sollte auch vor Gericht stehen wegen ei- ner Schrift, die wir herausbrachten da- rüber, was wirk lich vor sich ging im heu- tigen Namibia. Es wurden Leute inter- viewt, die Gräueltaten von Soldaten des Regimes miterlebten und als Augenzeu- gen berichteten. Sie hätten ihn liebend gerne zu einer Haftstrafe verurteilt. Da war aber so viel Widerstand von unten und auch vom Ausland, dass sie das dann fallen ließen. Gerieten Sie selber ins Visier? Naja, mindestens seit dem ich 1986 als „Ambassador“ in Bonn gewesen war, stand ich auf der Schwarzen Liste. Wir hatten in einem Hirtenbrief Sanktionen gegen das Regime gefordert, und ich war in Bonn beim Vorsitzenden der Deut- schen Bischofskonferenz, um Unterstüt- zung für unsere Position zu finden. Auch 1987, nach der „Strauß-Affäre“, kriegte ich Hassbriefe zugeschickt. „FÜR UNS WAR IMMER KLAR: APARTHEID IST VOM ANSATZN HER BÖSE, WIR STEHEN AUF DER SEITE DER SCHWARZEN“N Was stand da drin? Ich bekam Zeitungsausschnitte von re- gierungsnahen Blättern über angeblich von schwarzen „Terroristen“ umge- brachte Weiße. Mit dem Kommentar: „Ist es das, was du willst?“ Vor dem Eingang des „South African Council of Churches“ haben sie eine Bombe explodieren las- sen, die alle Fensterscheiben einschlug und das Haus ruinierte. Bei uns haben sie Feuer gelegt, das Sekretariat der Bi- schofskonferenz brannte aus. Später bei einer Sitzung der „Truth und Reconcilia- tion Commission“ sah ich den Kerl, der diese Aktion geleitet hatte. Er wurde ge- fragt: „Hast du nicht gewusst, dass im oberen Stockwerk Menschen übernach- ten?“ Er hat es angeblich nicht gewusst. Wer steckte dahinter? Ja, wer steckte dahinter? Das Regime! Sie wollten uns einschüchtern. Wir waren als Kommunisten verschrien. Das ist ja auch in einem der Briefe von Franz Josef Strauß angedeutet: „Die Sowjets wollen die Route um das Kap abschneiden“. Sind Sie eigentlich Nelson Mandela ein- mal begegnet? Seine Rede auf dem Rathausbalkon von Kapstadt, am Tag seiner Freilassung, lief überall im Fernsehen. Später dann, kurz vor Ende seiner Regierungsperiode, ha- ben wir ihn mit neun oder zehn Bischö- fen besucht. Da habe ich ihn als guten Politiker erlebt (lacht). Er dachte, wir wollen große Kritik üben, da hat er eben als guter Politiker geredet und geredet – dann war die Zeit zu Ende. Er sagte: „Ich muss zu einem anderen Meeting, aber ich schicke euch jemanden, dem könnt ihr al- les erzählen.“ Inzwischen blickt man oft mit Enttäu- schung auf das heutige Südafrika. Es gibt zwar kein Apartheid-Regime mehr und wir haben eine vorzügliche Verfassung. Aber manche Politiker wer- den immer versucht sein, sich Freiraum und persönliche Vorteile zu verschaffen. Ich habe aber immer die Meinung vertre- ten, dass das südafrikanische Volk so viel Widerstandskraft hat und diese auch un- ter Beweis gestellt hat, dass sich diese noch junge Demokratie gut weiter ent- wickeln wird. Ich habe da große Hoff- nung – also, es ist nicht so, dass ich in meine „Ur-Heimat“ zurückgegangen bin, weil ich mich in Südafrika nicht mehr wohl gefühlt hätte. Fiel das Abschiednehmen sehr schwer? Ich habe es mir gut überlegt und mich lange vorbereitet. Ein Aachener Priester sagte immer: „Ich habe meinen Streifen gezogen.“ Das erinnert mich daran, wie ich als Schüler nach dem Krieg auf einem Gutshof tätig war. Da war ich auch im- mer ganz stolz, wenn ich mit zwei Och- sen pflügen konnte. Also, ich kann sagen: Ich habe meine Arbeit gemacht. A EIN LEBEN FÜR DIE MISSION Anfang der 50er-Jahre begann Hubert Bucher in den USA Tiermedizin zu studieren. Doch es kam anders: Bucher, geboren 1931 in Regensburg, wurde Priester und ging auf Vermittlung des „Ludwig-Missionsvereins“ 1958 nach Südafrika. Dort machten die „Regensburger Missionare“ Hubert Bucher, Fritz Lobinger aus Nabburg und Oswald Hirmer aus Amberg das Lumko-Institut und die Idee des „Bibel-Teilens“ bekannt. Als Nationalkaplan der katholi- schen Jugendbewegung CHIRO spürte Bucher die wach- sende Unruhe unter der jungen Bevölkerung Südafrikas. 1976 wurde er Bischof der Diözese Bethlehem im Oranje Freistaat, wo er bis 2009 blieb. Nach acht Jahren im Seniorenheim der Mariannhiller Missionare kehrte Hubert Bucher zurück nach Deutschland. Heute lebt er in Nittendorf und feierte im Sommer 2017 sein 60-jähriges Priesterjubiläum. Er ist Träger des Bundesverdienstkreu- zes Erster Klasse. Seine Erinnerungen an Afrika sind soeben erschienen. Bischof Hubert Bucher: Ein Leben für die Mission. Meine Erlebnisse in Afrika. Erschienen 2017 im Verlag Friedrich Pustet, Regensburg. 368 zzgl. 16 Seiten Farbbildteil, 24,95 Euro. missio 6/2017 | 13