Wasser statt Waffen Es ist der Rohstoff, auf den kein Land der Welt verzichten kann. Und obwohl es Unmengen an Wasser-Ressourcen auf dem afrikanischen Kontinent gibt, hat ein Großteil der Bevölkerung noch immer keinen Zugang zu Trinkwasser. Afrikas Eliten sollten endlich ihre Prioritäten ändern, fordert der ehemalige Botschafter Volker Seitz. WASSER IST WELTWEIT neben Bildung, ein Schlüsselelement für eine bes- sere Zukunft. Afrika wird enormes wirt- schaftliches Potenzial bescheinigt, doch die Trinkwasserknappheit ist ein großes Wachs- tumshindernis. Nicht das Fehlen von Was- ser-Ressourcen, sondern ihre ineffiziente Nutzung, mangelnde Investitionen und Missmanagement sind der Grund für die Knappheit. Der ungleiche Zugang zu Was- ser spiegelt den Abstand der sogenannten Eliten in Afrika zum Volk wider. Südlich der Sahara haben immer noch mehr als 60 Prozent der Menschen keinen Zugang zu sauberem Wasser. Die Wasserversorgungs- Systeme und die Abwasserentsorgung sind ineffizient. Niedrige Priorität bei den Eliten Für das politische Führungspersonal ist die Wasserversorgung der Bevölkerung kein Kernthema, weil es sich andere Hygiene- standards leisten kann. Die Führungseliten haben Wasserreservoire und Filter und ver- brauchen, neben Mineralwasser, pro Kopf sechs Mal so viel sauberes Wasser wie die übrige Bevölkerung. Die niedrige Priorität, die Wasser- und Sanitätswesen in Afrika beigemessen wird, spiegelt sich in den je- weiligen Staatshaushalten. Wenn auch ge- legentlich in den Budgets versteckt, zeigt sich, dass für Waffen oft mehr Geld vor- handen ist als für Bildung, Gesundheit oder eben Wasserversorgung. Das reiche Kamerun (Öl, Mineralien, Landwirtschaft) zum Beispiel hat etwa bis heute nicht in Kläranlagen investiert. Die Wasserversor- gung in vielen Ländern ist mehr oder we- niger zufällig. Der größte Teil der Bevöl- kerung, besonders in den Elendsvierteln der Städte und auf dem Land, muss oft über lange, gefährliche Fußwege Wasser in Eimern heranschleppen. Wer den ganzen Tag damit beschäftigt ist, kilometerweit entfernte Brunnen oder Wasserlöcher an- zusteuern, kann nicht viel anderes tun. Die Mechanismen, die bei fehlender Was- serversorgung wirken, sind katastrophal. 600 Millionen der 1,4 Milliarden Men- schen in Afrika leben heute in den Städ- ten, 60 Prozent in Armenvierteln ohne ausreichende Wasserversorgung. Die un- gestüme und ungeregelte Urbanisierung hat zum Kollaps der oft noch aus der Ko- lonialzeit stammenden sanitären Infra- struktur geführt. In undichten Leitungen geht Wasser verloren. Werden Anlagen nicht korrekt betrieben, steht alles still. Es fehlt an wirksamen Strategien Entwicklungsländer müssen umdenken und in sparsames Wasser- und Abfallma- nagement investieren. Aber viele afrika- nische Regierungen ergreifen nicht ein- mal einfache Maßnahmen wie die Tren- nung von Haushalts- und Industrieab- wässern. Abwässer werden allesamt in Flüsse geleitet, die städtische Abfallwirt- schaft wird nicht modernisiert, es gibt kein zeitgemäßes Recycling. Keine Art der Infrastruktur-Investition in Afrika würde sich so stark auf die wirt- schaftliche Performance auswirken wie ein angemessenes Angebot an Trinkwas- ser. Danach erst kommen Bewässerungs- anlagen, Elektrizität oder der Ausbau von Straßen- und Bahnnetzen. Wasser ist in Afrika genug vorhanden: Derzeit werden g n i l h t ö B g r ö J : o t o F 28 | missio 1/2018